PQE Anwendung mit Menschen mit HIV

1. Name und Land der Organisation

Deutsche AIDS-Hilfe, Berlin, Germany

2. Autor_in der Fallstudie und Kontaktinformationen

Carolin Vierneisel
Deutsche AIDS-Hilfe
carolin.vierneisel@dah.aidshilfe.de
www.aidshilfe.de

3. Externe Unterstützung

Facilitator:
Klaus Stehling
Aids-Hilfe Hessen
info@aids-hilfe-hessen.de
www.aids-hilfe-hessen.de

4. Projekt/Programm

Wir haben das Tool während eines Workshops zum Thema Partizipation von Menschen mit HIV (PLHIV) in Aidshilfeorganisationen (ASOs) in Deutschland angewandt. Der Workshop war Teil einer Konferenz zum Leben mit HIV („Positive Begegnungen“), an der vor allem Menschen mit HIV in Selbsthilfeorganisationen oder ASOs oder beidem teilnehmen. Die Personen, die am Workshop teilnahmen, waren daran interessiert, Wege zur Verbesserung der Partizipation von Menschen mit HIV in ASOs zu finden.

11 Personen nahmen am Workshop teil und zwei moderierten. Der Workshop dauerte drei Stunden.

5. Ziele der Anwendung

Mit der Anwendung des Tools wurden verschiedene Ziele verfolgt: Zunächst wollten wir die Methode anwenden, damit sich die Leute ein klareres Bild von der aktuellen Dynamik der Interessengruppen in ihrer jeweiligen ASO machen können – mit speziellem Fokus auf Menschen mit HIV. Dies sollte eine Diskussion der Bedürfnisse und Wünsche im Hinblick auf die künftige Partizipation von Menschen mit HIV innerhalb der jeweiligen ASO erleichtern. Ein drittes Ziel war die Planung der nächsten Schritte in Richtung der jeweiligen Vorstellungen von Partizipation von Menschen mit HIV.

6. Angewendetes Instrument bzw. Methode

PQD: Kreise der Entscheidung
Wir verwendeten Klebeband auf dem Fußboden, um die verschiedenen Partizipationsebenen als konzentrische Kreise darzustellen. Zuerst nannten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die verschiedenen Interessengruppen. Diese wurden auf Karten geschrieben und in den Kreisen auf dem Boden angeordnet. In einem zweiten Schritt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, sich selbst und andere Beteiligte innerhalb dieser Kreise zu verorten (persönlich, indem sie an die entsprechende Stelle gehen). Wir sammelten ihre Ansichten zu den Vor- und Nachteilen ihres jeweiligen Standorts. Dann baten wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sich dorthin zu begeben, wo sie gerne sein würden, wenn sie die Wahl hätten. Diese Fragen und Aufgaben regten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Diskussion an.

7. Ergebnisse der Anwendung

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekamen ein Bild von den verschiedenen Partizipationsebenen unterschiedlicher Interessengruppen in der eigenen ASO. Außerdem lernten sie verschiedene Partizipationsmodelle kennen, die in anderen ASOs verwendet werden. Wer selbst nicht intensiv an einer lokalen ASO beteiligt war, bekam einen besseren Einblick, wie vielfältig ASO-Arbeit ist. Manche stellten fest, wie weit weg vom Zentrum des Entscheidungsprozesses sich in manchen ASOs Menschen mit HIV befinden (die nicht selbst Mitarbeiter sind). Der Workshop zeigte aber auch, dass es auch einige „guten Praktiken“ gibt, bei denen Menschen mit HIV intensiv im Zentrum der Entscheidungsfindung beteiligt sind.
Die Diskussion ergab, dass

  • der Partizipationsgrad sehr oft auch von den Personen abhängt, die in ASOs arbeiten; außerdem von der Größe der Organisation und der Partizipationsgeschichte in dieser ASO
  • Partizipation und Entscheidungsfindung Faktoren bei der Zufriedenheit der Beteiligten mit der Zusammenarbeit sind
  • hohe Qualifikationsanforderungen für Arbeitsstellen ein Hindernis für die Partizipation sind
  • manchmal Hilfe benötigt wird, um Menschen zu finden, die sich beteiligen möchten
  • die Selbstorganisierung den Vorteil hat, unabhängiger zu sein (im Vergleich zur Partizipation an ASOs)
  • zwischen verschiedenen Interessengruppen in ASOs sehr oft hierarchische Auseinandersetzungen stattfinden

Es wurden Ideen dazu gesammelt, wie die in der Diskussion identifizierten Probleme angegangen werden könnten.

8. Empfehlungen

Das Tool half, die Diskussion unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern anzuregen.
Es war interessant zu sehen, dass das Tool auch im Kontext eines Workshops funktioniert, und mit Leuten, die einander nicht gut kennen. Doch Letzteres brachte auch einige Einschränkungen mit sich. Wir wussten nicht, wie viele Personen zum Workshop kommen und welchen Hintergrund sie haben würden, und es stellte sich heraus, dass dies bei der Vorbereitung auf die Anwendung des Tools von Vorteil gewesen wäre (wir erwarteten hauptsächlich Menschen mit HIV, die nicht zu einer Aidshilfeorganisation gehören, aber die meisten arbeiteten auf die eine oder andere Weise für ASOs). Wahrscheinlich ist es einfacher, das Tool anzuwenden, wenn alle Teilnehmenden in derselben Organisation oder im selben Projekt arbeiten. Wir mussten uns mit unklaren//zweifelhaften//widersprüchlichen+++ Berichten über die Situation in verschiedenen ASOs auseinandersetzen und beschlossen, sie als Diskussionsaufhänger zu benutzen. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Teilnehmenden (und ihrer jeweiligen ASOs) wäre es vielleicht hilfreicher gewesen, wenn sie nach der Diskussion einzeln oder in kleinen Gruppen an detaillierten nächsten Schritten gearbeitet hätten, die sie in ihrer ASO zur Verbesserung der Partizipation ergreifen können.

Bei der Methode „Kreise der Entscheidung“ war es schwierig, Kontextfaktoren innerhalb des Modells sichtbar zu machen. Wir haben diese einfach außerhalb der Kreise platziert, um sie nicht zu vergessen. Die Entscheidungsfindung in ASOs findet auf verschiedenen Ebenen statt:
finanziell, betrieblich, inhaltsbezogen. Es war schwierig, all dies innerhalb des Modells zu zeigen.

Die Teilnehmenden schätzten es, dass das Tool reale Konstellationen sichtbar und emotional besser zugänglich macht. Bei einigen führte das Tool aber auch zu der Feststellung, dass sie es wahrscheinlich nie in das Zentrum der Entscheidungsfindung schaffen würden, was zu Frustrationen führte.