Lokales Wissen / Lokale Theorie

Wer kennt die Lebenswelt der Zielgruppe am besten?

Lokales Wissen beinhaltet die bereits vorhandenen Erkenntnisse der Akteure vor Ort über die Zielgruppe und ihre Lebenswelt. Lebensweltexpertinnen und -experten sind die Personen, die über ein Insider-Wissen zur Lebenswelt der Zielgruppe verfügen. Diese sind in der Regel Mitglieder der Zielgruppe, können aber auch andere Personen sein, die intensivere Kontakte zur Zielgruppe haben und dadurch ihre Situation verstehen (z. B. aufsuchende Projektmitarbeiter/-innen, Kioskbesitzer/-innen im Stadtviertel, Trainer/-innen in Sportvereinen, Kneipenwirte und -wirtinnen).

Auf Grundlage des lokalen Wissens werden im Rahmen der Partizipativen Qualitätsentwicklung Annahmen über die Gesundheitslage der Zielgruppe formuliert. Darauf aufbauend kann eine lokale Theorie entwickelt werden, die Folgendes beinhaltet:

  • Eine Beschreibung der Merkmale des Problems vor Ort.
  • Eine Erläuterung der lokalen Ursachen des Problems.
  • Schlussfolgerungen für die Entwicklung von angemessenen Maßnahmen.

Im Gegensatz zu einer "allgemeinen" wissenschaftlichen Theorie hat eine lokale Theorie nicht den Anspruch, größere gesellschaftliche Dynamiken oder Prozesse zu erklären. Dementsprechend sind lokale Theorien weniger abstrakt und weniger umfassend. Das Ziel einer lokalen Theorie ist es, eine plausible Erklärung eines Gesundheitsproblems zu liefern. Dabei werden die konkreten, direkt erfahrbaren Ausprägungen des Problems und die zugrunde liegenden Handlungen und Missstände in einem spezifischen Zusammenhang beschrieben. Davon lassen sich spezifische Maßnahmen zur Beseitigung oder Minderung des Problems ableiten.

Lokales Wissen und lokale Theorien sind oft implizit (unausgesprochen) und existieren selten in einer systematischen, schriftlichen Form. Durch Anwendung partizipativer Methoden der Datenerhebung und Auswertung werden implizite Erkenntnisse und Erklärungen explizit gemacht und überprüft. Die Methode zur Entwicklung lokaler Ziele und Wirkungswege ist besonders dafür geeignet, auf der Basis von lokalem Wissen, lokale Theorien zu formulieren. Diese können auch als Grundlage für eine Evaluation dienen.

Autor/-innen:
Wright/Block/Unger