Nutzer*innenbeirat
Schlüsselgruppen konkret einbinden
Ein Nutzer*innenbeirat ist ein Gremium, das aus Mitgliedern der Schlüsselgruppe besteht und das eine Einrichtung in Fragen der Bedarfserhebung, Planung, Durchführung und Auswertung von Maßnahmen berät. Mitglieder des Nutzer*innenbeirats können aktuelle oder potenzielle Nutzer*innen der Angebote sein.
Der Nutzer*innenbeirat ist in der Organisationsstruktur verankert und wird in Entscheidungsprozesse zu Angeboten für die Schlüsselgruppe eingebunden. Die Stärke eines Nutzer*innenbeirats besteht darin, dass er Mitgliedern der Schlüsselgruppe eine direkte Partizipation an Entscheidungen ermöglicht. Das Ausmaß der Partizipation kann je nach Möglichkeit unterschiedlich ausgeprägt sein. Ein wichtiger Vorteil der Methode ist es, dass Partizipation durch den Nutzer*innenbeirat über einen längeren Zeitraum stattfindet. Diese Kontinuität begünstigt die Zusammenarbeit mit der Schlüsselgruppe.
Voraussetzungen
- Die Bereitschaft der Schlüsselgruppenmitglieder, im Nutzer*innenbeirat zu sitzen
- Die Bereitschaft der Einrichtung, sich auf den Rat der Nutzer*innen einzulassen
Anwendungsbereiche
- Beratung zu allen Phasen der Konzeption und Durchführung von Maßnahmen
Überblick über die Arbeitsschritte
1. Gewinnung von Vertreter*innen der Schlüsselgruppen für die Teilnahme am Gremium
2. Festlegung einer Struktur für das Gremium
3. Festlegung der Einbindung des Gremiums in bestehende Entscheidungsprozesse
4. Organisation und Betreuung des Gremiums
Aufwand
Zeit
In der Regel ist der aufwendigste Arbeitsschritt die Gewinnung von Schlüsselgruppenvertreter*innen für die Teilnahme am Nutzer*innenbeirat. Dies kann Wochen oder Monate dauern, je nach dem Grad der Einbindung der Einrichtung in die Lebenswelt der Schlüsselgruppe, die von den Angeboten erreicht werden soll. Die Sitzungen finden in regelmäßigen Abständen statt, je nach Bedarf der Einrichtung und Möglichkeit der Gremiumsmitglieder. Ein monatlicher oder vierteljährlicher Rhythmus ist üblich. Wie bei jedem Gremium sind eine Vor- und Nachbereitung jeder Sitzung sowie eine organisatorische Betreuung notwendig, deren Zeitaufwand vor allem vom Umfang der Inhalte der Sitzungen abhängig ist.
Personal
Ein*e Projektmitarbeiter*in soll als Kontaktperson für die Gremiumsmitglieder zur Verfügung stehen und die Arbeit des Gremiums betreuen.
Material
Räumlichkeiten für Beiratssitzungen müssen zur Verfügung gestellt werden sowie entsprechendes Material für das Protokollieren.
Andere Kosten
Eine Aufwandsentschädigung für die Beiratsmitglieder kann z.B. in der Form von Gutscheinen stattfinden. Getränke und Kleinigkeiten zum Essen während der Sitzung tragen positiv zur Arbeitsatmosphäre bei.
Arbeitsschritte
1. Schlüsselgruppenvertreter*innen für die Teilnahme am Gremium gewinnen
Über bereits bekannte Personen aus der Schlüsselgruppe, vor allem über Nutzer*innen der bestehenden Angebote, können Gremiumsmitglieder gewonnen werden. Auch bereits existierende Netzwerke und Organisationen (Vereine, Verbände, informelle Treffpunkte etc.) können wichtige Ansprechpartner*innen für die Gewinnung von Teilnehmer*innen sein.
2. Festlegung einer Struktur für das Gremium
Die Struktur eines Nutzer*innenbeirats soll zusammen mit den Mitgliedern bestimmt werden. Wichtig ist, dass sowohl die Einrichtung als auch die Mitglieder die vereinbarte Struktur für sinnvoll und machbar halten. Zeitabstände, Diskussionsformen und Moderation sollen so gestaltet werden, dass die Teilhabe der einzelnen Mitglieder an den Sitzungen maximiert wird.
3. Festlegung der Einbindung des Gremiums in bestehende Entscheidungsprozesse
Die Einbindung des Nutzer*innenbeirats in die Entscheidungsprozesse der Einrichtung soll transparent und wirksam gestaltet werden. Hierfür ist eine Verankerung des Beirats in die Struktur der Einrichtung notwendig. Es muss deutlich sein, wie und zu welchen Themen der Beirat konsultiert wird, wie mit den Empfehlungen des Beirats umgegangen wird und in welcher Form Rückmeldungen von der Leitung an den Beirat stattfinden.
4. Organisation und Betreuung des Gremiums
Wie bei jedem Gremium sind eine Vor- und Nachbereitung jeder Sitzung sowie eine organisatorische Betreuung notwendig. Diese soll von einer*m Mitarbeiter*in der Einrichtung geleistet werden. Zur Betreuung des Gremiums gehört auch, wie in der Zusammenarbeit mit allen ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die Pflege des Kontakts zu den einzelnen Gremiumsmitgliedern. Ebenso essenziell ist die öffentliche Anerkennung der Leistung, die von Gremiumsteilnehmer*innen als Vertreter*innen der Schlüsselgruppe für die Einrichtung erbracht wird.
Achtung !
- Entscheidend für den Erfolg eines Nutzer*innenbeirats ist der Grad des Einflusses des Beirats auf die Arbeit der Einrichtung. Es reicht nicht, einen Nutzer*innenbeirat einzuberufen, sondern die Einrichtung muss im Vorfeld klären, wie die Empfehlungen des Beirats berücksichtigt werden. Es darf nicht der Eindruck bzw. die Situation entstehen, dass es sich lediglich um den Anschein einer Partizipation handelt, da dies die Beiratsmitglieder frustrieren und demotivieren würde.
- Wenn nur aus dem Kreis der aktuellen Nutzer*innen von Angeboten der Einrichtung rekrutiert wird, ist die Gefahr groß, dass die Sichtweisen bisher unerreichter Personengruppen nicht vertreten werden. Durch die Gewinnung auch bisher unerreichter Vertreter*innen der Schlüsselgruppe wird der Informationsgewinn über die Belange der Schlüsselgruppe maximiert.
- Anerkennung und Kontaktpflege sind Grundpfeiler jeder erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen. Diese beiden Aspekte spielen eine besondere Rolle beim Aufbau eines Nutzer*innenbeirats, da Gremienarbeit nicht selbstverständlich einen hohen Stellenwert bei den Mitgliedern hat.
- Nicht selten vertreten Nutzer*innenbeiräte andere Meinungen zur Ausrichtung und Gestaltung von Interventionen als die hauptamtlichen Mitarbeiter*innen einer Einrichtung. Die Nutzer*innenperspektive unterscheidet sich von der "professionellen" Sichtweise. Dieser Unterschied ist die Stärke des Nutzer*innenbeirats, weil er einer gewissen Betriebsblindheit entgegenwirkt. Diesen Unterschied durch Dialog zu überbrücken, stellt jedoch für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar.
Weitere Tipps
- Die Strukturen des Nutzer*innenbeirats sollen an die Diskussionsgewohnheiten der Mitglieder angepasst werden. Viele Mitglieder werden keine Erfahrung in der Gremiumsarbeit mitbringen. Hier ist eine kreative Moderation angesagt, die durch die Anwendung verschiedener interaktiver Kommunikationsformen, die Mitglieder zur Teilnahme anregt.
- Auch Kinderbeiräte sind möglich. Durch eine altersangemessene Anleitung und Begleitung von Erwachsenen können Gruppen von Kindern ihre Meinungen zu diversen Themen äußern.
- Eine direkte und leicht verständliche Kommunikation der Auswirkung des Nutzer*innenbeirats auf die Entscheidungsprozesse der Einrichtung ist für den Erfolg des Gremiums erforderlich. Die Gremienarbeit ist für Schlüsselgruppenmitglieder nur lohnenswert, wenn sie eine zeitnahe und transparente Rückmeldung über ihren Einfluss erhalten. Die Möglichkeit, im Rahmen von Gremiumssitzungen Gespräche mit der Geschäftsführung bzw. den Vorstandsmitgliedern zu führen, fördert die Kommunikation.
Autor*innen:
Block/Unger/Wright